1907
Wie alles begann
Kutschen für die Kurgäste
Am 4. Mai 1907 meldet Herr Fritz Neidhart im Alter von 36 Jahren in der Oberen Stadt im oberbayerischen Weilheim ein Geschäft für „Wagnerei und Schmiede“ an. Er hatte kurz zuvor als junger Handwerker in Gauting bei München seinen Meisterbrief erworben und konnte nun einen Betrieb gründen und Lehrlinge ausbilden.

Zu dieser Zeit sind Wagenbauer, Schmiedemeister und Sattler die maßgebenden Hersteller für Pferdekutschen, Landauer und Pferdeschlitten. Die erst neu geschaffenen Eisenbahnstrecken verbinden zunächst nur die größeren bayerischen Städte und der Individualverkehr ist vollständig auf Kutschen und Droschken angewiesen.

In seinem gerade errichteten Betrieb gewinnt Fritz Neidhart die benötigte mechanische Energie durch eine mit Torf und Holzabfällen befeuerte Lokomobile. Über ein umfangreiches Transmissionssystem verteilt sie ihre Kraft auf die einzelnen Bearbeitungsmaschinen.

In mühevoller Knochenarbeit müssen die Arbeiter den als Heizmittel benutzten Torf in eigens dafür erworbenen Torfstichen stechen, mindestens ein Jahr im Winter ausfrieren und anschließend im Sommer austrocknen lassen, um eine nennenswerte Heizwirkung zu erzielen.

Hauptkunden für die jeweils individuell in liebevoller Handwerksarbeit produzierten Pferdewagen und Schlitten sind in erster Linie die großen Hotels in den Kurorten wie z. B. das nahe gelegene Garmisch-Partenkirchen. Aber auch die zumeist adeligen Gutsherren und Schlossbesitzer der näheren - und bei wachsendem Erfolg des Betriebes auch der zunehmend weiteren – Umgebung schätzen die Kunst- und Schmiedefertigkeiten der Wagnerei Neidhart.

Freiherr von Poschinger aus Frauenau im Bayerischen Wald, Eigentümer umfangreicher Güter und Glashütten, ist damals beispielsweise bereits Stammkunde des Weilheimer Wagen- und Schlittenbauers.
Fritz Neidhart
Motor der ersten Geschäftsjahre: die Lokomobile
Noble Gefährte für die High Society des frühen 20. Jahrhunderts
Das Transmissionssystem verteilt die Energie der Lokomobile auf die einzelnen Maschinen
1917
Der erste Weltkrieg und seine Folgen
Kleine Holzkisten für große Kunden
Der Erste Weltkrieg bringt erhebliche Umstellungen mit sich, muss doch der größte Teil der Mitarbeiter für den Wehrdienst freigestellt werden. Anstelle auf Hochglanz polierter Kutschen, entstehen nun Militärwagen - in Serie.

Viele Mitarbeiter kommen nach Kriegsende nicht wieder nach Hause, sondern bleiben Opfer der unsäglichen Schlachten des Krieges. Auch der 17-jährige Sohn wird einberufen und als Kraftfahrer verpflichtet, um den Nachschub für die Stellungen an den Schützengräben in Frankreich aufrechtzuerhalten. Bei einem dieser Einsätze wird er in einem Schützengraben verschüttet und erst nach vielen Stunden wie durch ein Wunder gerettet. Auch dieses Erlebnis sollte sein künftiges Leben stark prägen.

Die während des Ersten Weltkrieges einsetzende Motorisierung bringt eine Veränderung der Nachfrage nach Kutschen und Schlitten mit sich. Fritz Neidhart hält Ausschau nach einem Ersatz für das dahinschwindende Gewerbe. Die ersten Ideen in Richtung Bau von Eisenbahnwaggons zerschlagen sich im Hinblick auf den zu großen Kapitalbedarf.
Vom Oberland an die Front – Militärwagenproduktion bei Neidhart
Nachschub für das Sägewerk mit eigenem LKW der ersten Stunde
Sägegatter der Firma Esterer aus Altötting in Bayern
Eine logistische Meisterleistung: der eigene Bahnanschluss
Das Sägewerk: Gemeinschaftsarbeit von Fritz Neidhart und Sohn
1927
Alles fließt in Weilheim
Wildwasserwege und Schicksalsstrudel
Die neuen Zielgruppen des Sägewerks, das jetzt primär Holzkisten herstellt, rekrutieren sich aus der Zucker-, Seifenpulver und Lebensmittelindustrie. Alle drei Branchen beliefern zu dieser Zeit Gemischtwarenhändler mit Kistchen aus Holz, fein säuberlich getrocknet, gehobelt und mit vierfarbigem Werbeaufdruck versehen. Die Endverbraucher erhalten hieraus die für sie abgewogene Menge per Schäufelchen in kleinen Papiertüten.

Bereits im Jahre 1930 wächst die Zahl der Mitarbeiter auf über 100 an. Was über die Woche an Kisten und Kistenteilen produziert wird, muss häufig aus Termingründen über das Wochenende verladen werden - oftmals durch Familienmitglieder. Der Firmengründer und Seniorchef zieht sich dabei an einem Plattenförderer eine schwere Verletzung zu, bei der er die rechte Hand fast vollständig verliert. Das für den Geschäftsverlauf unbedingt erforderliche Schreiben mit dem Federhalter stellt er deshalb noch in hohem Alter von der rechten auf die linke Hand um.

Die Beschaffung des Rohholzes aus den Wäldern der Umgebung erfolgt teilweise noch mit Pferdewagen, mit LKW der ersten Stunde und viele Jahre hinweg per Flusstrift über die nahe gelegene Ammer aus der Region Oberammergau. Eine große Zahl unerschrockener, wagemutiger, teilweise an Seilen gesicherter Mitarbeiter hat für den ungehinderten Abfluss des abgelängten Rundholzes zu sorgen. Im Falle eines Hochwassers müssen die Arbeiter sich verkeilende Rundholztürme an den Engstellen des Flusses unter Lebensgefahr wieder von Hand befreien.

Der Zweite Weltkrieg fordert eine erneute Änderung der Produktpolitik. Nun ist die Herstellung von Werkbänken sowie die Errichtung einer modernen Fenster- und Türenfertigung gefragt. Der Firmengründer Fritz Neidhart sen. verstirbt noch vor Ende des Krieges im Jahr 1943, sein jüngster Sohn Heinrich Neidhart fällt kurz nach dem Tod des Vaters in Stalingrad.
Neuer Dreh- und Angelpunkt der Neidharts: Sägewerk und Familiensitz an der nördlichen Münchener Straße in Weilheim
Die Ammer abwärts: wagemutige Holzlieferungen per Trift
Auch via Pferdewagen gelangt das Rohholz nach Weilheim
Raupen erleichtern die Arbeit und erhöhen die Wirtschaftlichkeit
Tribut an den Zweiten Weltkrieg: Man fertigt nun Werkbänke, Fenster und Türen.
1947
Erster Palettenproduzent in Deutschland
Das Wirtschaftswunder in Weilheim
Nach 1945 fordern die Alliierten die bekannten Reparationslieferungen in großem Umfang ein. Die verbündeten Streitkräfte konfiszieren viele der neuen Maschinen und Maschinenanlagen und schwächen damit die Leistungskraft des Unternehmens erheblich.

Doch der Aufbauwille nach 1947 ist ungebrochen. Neue Kontakte, zum Teil bereits während der Kriegswirren geschaffen, führen zu neuen Zielen und bisher unbekannten Aufgaben.

Warenumschlag auf Paletten mit Hilfe von Gabelstaplern ist bis dahin in Deutschland unbekannt. Bereits 1947, als große Teile des Ruhrgebietes noch in Schutt und Asche liegen, führt der Firmenchef in Mülheim an der Ruhr die ersten Gespräche mit einem Importeur von Gabelstaplern aus den USA.

Auf Basis eines von den US-Streitkräften demonstrierten Verfahrens wird eine Lieferkooperation von Gabelstaplern und Paletten geplant, letztere hergestellt aus bayerischem Holz in Weilheim. Die Firma Fritz Neidhart ist damit anerkanntermaßen der erste Produzent des bisher unbekannten Produktes „Pallets“. Bei diesen Holzpaletten handelt es sich um die im sprichwörtlichen Sinne bedeutendste „Plattform“ des deutschen Wirtschaftswunders, vor allem im Hinblick auf den gewaltig zunehmenden Warenaustausch und Export in alle Welt.

Naturgemäß ist der US-Konzern Opel/GM der erste Abnehmer für diese Produkte. Die Firma Neidhart produziert sie in großen Stückzahlen zunächst von Hand, später auf automatisierten Fertigungsstraßen aus künstlich getrocknetem Fichten- und Buchenholz.

Die somit geschaffenen neuen Verbindungen zur Automobilindustrie und die wachsenden Exportzahlen deutscher Autoteile nach Übersee zur Endmontage eröffnen völlig neue Perspektiven. Alle großen Automobilfirmen gehören früher oder später zum Kundenkreis der Firma Fritz Neidhart aus Weilheim. Unter anderem entwickelt sich Neidhart zum jahrzehntelangen Alleinlieferant für die Teilekisten und Behälter der Volkswagenwerke nach Australien, weil es gelingt, die besonders strengen Quarantänevorschriften zur Verhütung der Einfuhr von Sirex-Wespen zu erfüllen.
Ansicht des Firmengeländes um 1950
Palettenverladung für Opel / GM
In Weilheim entstehen die ersten Paletten – Grundlage für das weltweite Wirtschaftswachstum.
1957
Know-how und Technik setzen sich durch
Ein eigenes Kraftwerk
300 Mitarbeiter decken mittlerweile den wachsenden Bedarf an diesen Kisten in verschiedenartigen Ausführungen, je nach Empfängerland und den speziellen Einfuhrvorschriften. So genannte CKD (completely knocked down)-Kisten für Teileverpackungen von Autos und LKW in überseegeeigneten Konstruktionen bringen einen gewaltigen Aufschwung, der eine Vielzahl neuer Investitionen erforderlich macht.

1958 entsteht ein neues Dampfturbinen-Wärmekraftwerk zur Strom- und Wärmeversorgung, das nur mit Abfällen aus der Fertigung beheizt wird. Die Firma Neidhart baut mehrere neue Produktionshallen, Krananlagen, neue, vergrößerte Holz-Trocknungsanlagen, um den sehr kurzfristigen Lieferterminen der neuen Kunden gerecht zu werden. Franz-Xaver Neidhart, der zweitjüngste Bruder des Firmenchefs, unterstützt letzteren bei der Einführung neuer Maschinenanlagen und Technologien. Er entwickelt sich zu einem Perfektionist der Technik und der Produktion. Bis zu seinem 85. Lebensjahr ist er noch täglich in der Firma anzutreffen und dient seinem Unternehmen mit Leib und Seele.

Nach den aufregenden Jahren der beiden Weltkriege und den ungezählten technischen Fortschritten und Veränderungen endet im Jahre 1978 das Leben des Firmenchefs Fritz Neidhart der zweiten Generation, mit 79 Jahren. Er hat durch seine außerordentliche Flexibilität in der Erfassung neuer Aufgaben und aufgrund seiner vielen Studienreisen nach Schweden, dem Mekka der Holzindustrie sowie nach Jugoslawien bereits in den 20er-Jahren des letzten Jahrhunderts bislang unbekannte Verfahren und Rationalisierungsmaßnahmen in seinem Unternehmen umgesetzt. Für viele Jahre war das voll mechanisierte Sägewerk bei der Bayerischen Staatsregierung Vorzeigebetrieb. Der Bayerische Verdienstorden würdigt die Leistungen des Unternehmers Fritz Neidhart.

Doch er soll nicht der letzte Fritz gewesen sein, dessen Wirken im Hause Neidhart Geschichte schreibt. In der dritten Generation tritt 1964 Friedrich-Theodor, genannt Fritz Neidhart, nach abgeschlossenem Studium an der TU München als Dipl.-Ing. in das Unternehmen ein. Neben dem Vater stammte auch dessen Mutter, geborene Poettinger, aus einer bekannten Sägewerksfamilie in Oberau.

1970 führt Fritz Neidhart der dritten Generation die elektronische Datenverarbeitung ein. Elektronische Entwicklung, Planung und Konstruktion, Arbeitsvorbereitung sowie CAD-Technik stehen von nun an als selbstverständliche Dienstleistungen dem Kunden zur Verfügung.
Ein Blick in das Herz des Unternehmens: das Maschinenhaus von 1958
Seit 1958 verfügt das Unternehmen über eigenen Strom und Dampf für die Holztrocknung aus einem modernen Dampfturbinen-Wärmekraftwerk
Franz-Xaver Neidhart
Die zweite Generation: Fritz Neidhart mit bayerischem Verdienstorden
Die dritte Generation: Fritz Neidhart
1977
Innovationspreise für Kundenorientierung
Weilheim, Ostfriesland, Wolfsburg
Eine Reihe von Sondermaschinen für die spezielle, hauseigene Fertigung sowie wieder verwendbare Behälterkonstruktionen, die bei laufenden Transporten von Automobilteilen in zerlegter Form erhebliche Verpackungs- und Transportkosten einsparen, gehören zu den Innovationen der nächsten Jahre. Als Anerkennung solcher Leistungen gewinnt die Firma Fritz Neidhart QSP-Awards (Quality, Service, Price) von GM in Detroit und Toronto sowie von VW in Wolfsburg.

Da sich die meisten Exportverpackungen und -versendungen in den 80er-Jahren auf die so genannten Consolidators im Küstenbereich konzentrieren und einige Hauptkunden sogar eine Anlieferung innerhalb eines Radius von nur 25 km und innerhalb von weniger als vier Stunden fordern, entschließt man sich im Hause Neidhart im Jahre 1989 kurzfristig, ein Zweigwerk in Emden, Ostfriesland und acht Jahre später eine weitere Fertigungs- und Umschlagstelle in Wolfsburg zu errichten.

Das Werk Emden beschäftigt als tragende Säule neben Weilheim bis zu 100 Mitarbeiter. In Wolfsburg sind viele Jahre 50 Mitarbeiter tätig. Sie versorgen die CKD-Stellen des VW-Werkes in Emden bzw. in Wolfsburg auf Zuruf mit den gewünschten Verpakkungsbehältern und Verschlägen samt den zugehörigen Einbauten zur unmittelbaren Aufnahme der Autoserienteile. Neuverpackungen müssen innerhalb weniger Stunden konzipiert werden. Primär auf die Bedürfnisse dieser VW-CKD Verpackungsstelle ausgerichtet, schließt mit dem Ende der CKD-Aktivitäten von VW in Emden 2003 dieser leistungsfähige Fertigungsbetrieb.

Kontinuierliche Verbesserungsmethoden sowie die strikte Qualitätssicherung nach DIN EN ISO 9001 ab 1998 sorgen für eine bestmögliche Kundenzufriedenheit.
Ausgezeichnete Qualität aus dem Hause Neidhart: die QSP-Awards
Fritz Neidhart bei der VW-Preisverleihung in Wolfsburg
Das Säge- und Hobelwerk Neidhart – automatisierte Holzbearbeitung im großen Stil
Von Rundholzplatz bis zur fertigen Sonderpalette - im Hause Neidhart ist jeder Schritt qualitätsgesichert.
1997
Beste Basis für die Neidhart Gruppe
Mit der vierten Generation Richtung Zukunft
Inzwischen ist in der Geschäftsführung der Neidhart Gruppe zusätzlich auch die vierte Generation aktiv. Dr. Fritz-Andreas Neidhart tritt als promovierter Dipl.-Kfm. 1997 in die Unternehmensleitung ein. Vater und Sohn engagieren sich im Hinblick auf den sich ständig verschärfenden Wettbewerbsdruck in allen Sparten der Neidhart Gruppe für eine betriebswirtschaftliche Optimierung aller Abläufe.

Stetiges Wachstum aller Unternehmungen an den jeweiligen Standorten im In- und Ausland sowohl in der Produktion als auch im Einzelhandel bestätigen die getroffenen Entscheidungen.

Voller Elan seitens der verjüngten Geschäftsführung und gestützt auf die Erfahrungen des jetzigen Seniorchefs sowie einer Vielzahl von bewährten Mitarbeitern in den verschiedenen Sparten geht die Neidhart Gruppe hoffnungsvoll in die kommenden Jahrzehnte.
Neue Werkshallen und modernste CNC-Maschinenanlagen gewährleisten eine flexible, kundenspezifische Fertigung.
Die dritte und vierte Generation: Dr. Fritz Neidhart und Fritz Neidhart sen.
ältester Palettenhersteller Deutschlands- seit 1950 Systemlieferant der Automobilindustrie- innovative Industrieverpackungen- Transportverpackungen nach Maß
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